Einen guten Einstieg ins Thema ›Essen ohne Magen‹ bietet dieser Artikel: Leben ohne Magen: Ursachen der Verdauungsprobleme nach Magenentfernung wegen Magenkrebs.
Es wird zu wenig gekaut
Das kennen Sie: Sie sitzen vor dem Fernseher, essen nebenbei und merken gar nicht, was Sie überhaupt zu sich nehmen. Okay, das hängt auch von der Qualität des Fernsehprogramms ab. Aber selbst wenn die Flimmerkiste nicht läuft, so wird stattdessen beim Essen aufs Handy geschaut, oder in eine Zeitschrift, in ein Buch, macht Sudoku oder Kreuzworträtsel, oder sogar etwas Nützliches, denn während der Arbeit seinen Hunger zu stillen ist mittlerweile gang und gäbe.
Dass man dem Essen damit kaum Aufmerksamkeit widmet, das ist die eine Sache. Die andere Sache ist, dass Sie beim Nebenher-Essen üblicherweise zu wenig kauen, zu schnell das grob Zerkleinerte runterschlucken. Und damit bürden gesunde Menschen Ihrem Magen eine Menge Schwerstarbeit auf. Um wie viel schlimmer ist das bei Magenkrebspatienten, die ohne Magen essen müssen? Der Darm ist hier häufig überfordert, rebelliert, reagiert mit Verstimmung, dringend benötigte Kalorien werden beschleunigt und ungenutzt ausgeschieden. Ein wichtiger Baustein, um wieder zu einer vernünftigen Nahrungsverwertung zu gelangen, ist das gründliche Kauen.

1. Hinweis: Die Verdauung beginnt bereits im Mund.
Das Kauen zerkleinert die Nahrung und der Speichel sorgt dafür, dass der Nahrungsbrei leichter zu schlucken ist. Doch im Speichel sind auch wichtige Enzyme enthalten. Diese Enzyme leiten die Verdauung ein, indem sie beispielsweise Kohlenhydrate in Zucker spalten (Amylase). Dies kann jeder testen: Beim ausgiebigen Kauen von kohlenhydratreicher Nahrung, etwa Weizenbrot, wird man feststellen, dass der Speisebrei im Mund nach langer Kautätigkeit süßer schmeckt. Deshalb ist es für Magenoperierte so wichtig, jeden Bissen gründlich zu kauen, die Lebensmittel gut einzuspeicheln und mit Verdauungsenzymen zu versetzen.
Zudem hilft die starke Zerkleinerung der Nahrung später dem Darm, das Essen leichter ›aufzuschließen‹. Menschen, die einen Magen haben, müssen nicht so ausgedehnt kauen, denn der Magen erfüllt nebenbei die Aufgabe der Nahrungszerkleinerung, durch Bewegungen der Magenmuskeln in Verbindung mit der Magensäure. Dennoch sollten auch Gesunde nicht hastig essen.

2. Hinweis: Müssen Sie ohne Magen essen, dann desinfizieren Sie die Nahrung durch gutes Kauen.
Speichel enthält nicht nur Verdauungsenzyme, sondern auch Lysozym, welches gegen Bakterien wirkt. Es ist bekannt, dass Tiere ihre Wunden lecken. Und viele Menschen tun das ebenfalls: Schneiden wir uns, stecken wir den Finger instinktiv in den Mund, denn die Spucke reinigt und desinfiziert. Das antibakterielle Lysozym kommt außerdem im Nasensekret vor, in der Tränenflüssigkeit, im Sperma, in der Muttermilch … und sorgt dort überall für hygienische Bedingungen. Es ist ein Enzym, das die Zellwände von Bakterien spalten kann. Der Begriff Lysozym kommt von ›lysis‹ = auflösen und ›zym‹, weil es ein Enzym ist.
Da Patienten ohne Magen die desinfizierende Magensäure fehlt, sollten diese durch langes Kauen für einen intensiven Speichelfluss sorgen, damit das Lysozym verstärkt gegen gefährliche Keime vorgehen kann. So lässt sich eine bakterielle Fehlbesiedelung im Darm idealerweise verhindern.
Sollte es dennoch dazu kommen und Sie unter häufigen Blähungen, Durchfällen und Gewichtsverlust leiden, so habe ich hierfür Lösungen gefunden, die ich in anderen Artikeln beschreibe. Es gibt geeignete Wege, um wieder zu einer funktionierenden Verdauung zu gelangen, zu einer optimalen Versorgung des Körpers. Für ein gesundes Körpergewicht und für ein intaktes Immunsystem! Beides ist bei Krebspatienten so wichtig.

3. Hinweis: Mehr Zeit reservieren für das Essen ohne Magen
Das lange und ausgiebige Kauen dauert … Haben alle anderen am Tisch längst ihren Teller leergegessen, so sind meine Kaumuskeln weiterhin eifrig bei der Arbeit. Hinzu kommt, dass ich häufiger esse, weil nur noch kleinere Portionen möglich sind. Ich habe es so gelöst: Ich esse nebenbei bei verschiedenen Tätigkeiten, beispielsweise beim Schreiben von E-Mails. Da kann ich mir Zeit lassen mit dem Kauen. Dabei ist wichtig, dass nicht gewohnheitsmäßig der Nahrungsbrei zu früh runtergeschluckt wird. Letztendlich ist es nur eine Gewohnheit, jeden Bissen lange zu kauen. Nehmen Sie sich Zeit bei der Nahrungszerkleinerung. Dafür sparen Sie die investierte Zeit an anderer Stelle ein: Sie verbringen weniger leidvolle Stunden auf der Toilette.

4. Hinweis: Nehmen Sie nur Nahrung zu sich, die sich leicht kauen lässt.
Vor allem Fleisch muss lange gekaut werden. Hier erleichtert man sich das Leben, indem man zartes Fleisch zu sich nimmt: Geflügel oder mancher Fisch. Meinen Fleischkonsum hatte ich bereits vor der Erkrankung auf nahezu null reduziert. Dieser ist jetzt weiterhin auf einem niedrigen Niveau, da ich nicht endlos auf zähem Fleisch herumbeißen möchte. Gesundheitliche Gründe und das Tierwohl spielen ebenfalls eine Rolle. Rohes Gemüse, wie beispielsweise Karotten, vorher raspeln oder dünsten. Wenn Sie zu lange kauen müssen, so verlieren Sie irgendwann die Geduld und schlucken zu früh.
Achten Sie darauf, ob Sie noch längere Fasern im Mund spüren, ob der Speisebrei feste Bestandteile hat. Erst dann runterschlucken, wenn sich alles breiartig anfühlt. Sind Sie abgelenkt, wird Ihnen das kaum gelingen. Ihre Essgewohnheit ist noch nicht auf langes Kauen ausgerichtet. Deshalb in der ersten Zeit: Bewusst essen. Genießen Sie jeden Bissen.
Beim Thema ›Kauen‹ fällt mir ein: In meiner Kindheit haben wir 10 Pfennig in einen Automaten geworfen, der an der Hauswand des Krämerladens hing. Nach dem Drehen am Rädchen sprang unten ein Kaugummi heraus. Bis zu meiner Krebserkrankung war ich der Meinung, dass ich meine guten Abwehrkräfte dem intensiven Konsum dieser ekelhaften Kaugummikugeln verdanke …