Einen guten Einstieg ins Thema ›Magenentfernung und Ernährung‹ bietet dieser Artikel: Leben ohne Magen: Ursachen der Verdauungsprobleme nach Magenentfernung wegen Magenkrebs.

Was hat es mit den Verdauungsenzymen auf sich?
Die positive Wirkung von Medikamenten mit Pankreasenzymen habe ich anfangs deutlich unterschätzt. Das liegt daran, dass ich zu geringe Mengen zu mir genommen habe, zudem nicht in der hier empfohlenen Weise. Damit habe ich mir das Leben in den ersten Wochen nach der Magenentfernung unnötig erschwert. Ich war der Meinung, mein Leiden gehört einfach dazu und ich habe mich dieser Frage anfangs zu wenig gewidmet: »Wie verdaut man ohne Magen?«
Die Bauchspeicheldrüse – fachsprachlich auch Pankreas genannt – ist ein quer im Oberbauch liegendes Organ. Die von ihr gebildeten Verdauungssäfte (Pankreas-Enzyme) werden in den ersten Darmabschnitt abgegeben, den Zwölffingerdarm. Diese Enzyme spalten Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette in der Nahrung in eine von der Darmschleimhaut aufnehmbare Form. Allein dieser letzte Satz zeigt die hohe Bedeutung der Pankreasenzyme für die Verdauung.
Die Bauchspeicheldrüse produziert bei gesunden Menschen täglich bis zu zwei Liter Verdauungssekret. Das ist eine große Menge! Die Bildung dieser Verdauungssäfte wird stimuliert durch Geruch und Geschmack der Nahrung, ebenso mittels Kauvorgang über den Nervus vagus. Andere Mechanismen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, wie etwa das Hormon CCK (Cholecystokinin). CCK regt die Pankreassekretion an und lässt gleichzeitig den Musculus sphincter Oddii erschlaffen, damit die Verdauungssäfte fließen können. Wer neugierig ist, kann hierzu im Internet weiter recherchieren.

Verdauungsprobleme nach Magenentfernung wegen Magenkrebs
Wie in den vorherigen Artikeln ausführlich beschrieben, ist nach einer Gastrektomie in Verbindung mit einer Roux-Y-Rekonstruktion der Weg des Speisebreis ein anderer und die Gallenflüssigkeit und die Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse kommen nicht mehr so effektiv zum Einsatz. Normalerweise würde die Nahrung einige Zeit im Magen liegen, um dann in kleinen Portionen an den Zwölffingerdarm weitergereicht zu werden. Eine gute Vermischung mit den Verdauungsenzymen ist damit gegeben.
Jetzt, beim Essen nach Magenentfernung, fällt die Nahrung aber in komplettem Umfang direkt in den Dünndarm und wird dort weitertransportiert. Die Verdauungssäfte laufen dann häufig nur noch hinterher. Dadurch wird die Nahrung im Dünndarm unvollständig verdaut (Maldigestion) und gelangt in den Dickdarm. In diesem treffen normalerweise nur kleine Mengen unverdauter Partikel ein (Ballaststoffe) und werden von der Dickdarmflora verstoffwechselt. Dabei entstehen immer auch Darmgase, die teilweise vom Körper resorbiert werden oder als schwach riechende Blähungen abgehen.
Wird der Dickdarm jedoch mit zu vielen unverdauten Nahrungsresten konfrontiert, so führt dies zu einer Störung der Darmflora. Es vermehren sich jene Darmbakterien, die auf unverdaute Proteine, Fette und Kohlenhydrate spezialisiert sind. Meist sind das Fäulnisbakterien, die unangenehme Blähungen erzeugen, die häufig nach faulen Eiern stinken. Schmerzhaftes Bauchdrücken, spontane Durchfälle, Fettstuhl und dieser Gestank … das volle Programm. Unter Menschen zu sein, ist damit kaum noch möglich. Am liebsten möchte man sich den ganzen Tag auf dem Klo verstecken.
Gleichzeitig werden durch die unvollständige Verdauung nicht mehr alle Nährstoffe aus den Mahlzeiten aufgenommen. Ungünstig, denn es ist ohnehin ein Kampf um eine ausreichende Kalorienzufuhr. Außerdem schädigen die ständige Präsenz unverdauter Nahrung und die falschen Bakterien im Dickdarm langfristig die Darmschleimhaut, begünstigen die Entstehung von Allergien und Autoimmunerkrankungen. Das Immunsystem wird geschwächt, was zu weiteren Gesundheitsproblemen führen kann. Wie lassen sich diese Probleme vermeiden?

Wie verdaut man ohne Magen nach Magenkrebs? Nehmen Sie Pankreasenzyme als Medikament …
Nehmen Sie Pankreasenzyme in hoher Dosierung (zumindest am Anfang) und auf spezielle Weise! Diese Arzneimittel alleine haben bei mir zwar nicht ausgereicht, um zu einer möglichst normalen Verdauung zurückzukehren, doch sie waren ein wichtiges Puzzleteil. In Kombination mit meinen anderen Tipps hat es den durchschlagenden Effekt.
Wer das Essen nach einer Magenentfernung besser vertragen möchte, kommt um Pankreasenzyme kaum herum. Medikamente mit diesen Enzymen gibt es von verschiedenen Herstellern. Da die Nachfrage recht hoch ist, kommt es manchmal zu Lieferengpässen. In diesem Fall weichen Sie auf das Präparat eines anderen Herstellers aus. Selbst dann kann es längere Lieferzeiten geben. Idealerweise haben Sie immer einen Vorrat zuhause. Diese Mittel heißen beispielsweise Kreon, Pankreatan, Panzytrat oder Pangrol. Die darin enthaltenen Pankreasenzyme bestehen aus Extrakten von Säugetier-Bauchspeicheldrüsen, gewöhnlich vom Schwein. Falls Sie ›eingefleischter‹ Vegetarier sind, eine Schweinefleischunverträglichkeit haben oder aus religiösen Gründen den Verzehr von Schweinefleisch ablehnen, dann können Sie auf das Arzneimittel ›Nortase‹ ausweichen, das Verdauungsenzyme aus Reispilzen enthält.
Diese Arzneien werden vor allem von Patienten mit einer Pankreasinsuffizienz (Bauchspeicheldrüsenschwäche) eingenommen. Doch auch für Magenkrebs-Patienten ist diese Medizin nach der Magen-OP eine hilfreiche Sache. Das Mittel ist ein Granulat, verpackt in Kapseln. Bei Menschen ohne Magen behindert die Kapsel die Freisetzung der Enzyme. Damit das Mittel bei dem jetzt schneller erfolgenden Transport der Nahrung im Darm effektiv zum Einsatz kommt, sollten die Kapseln daher geöffnet werden, um das darin enthaltene Granulat zu entnehmen und dieses direkt einzunehmen.
Das Öffnen der Kapseln ist einfach, wenn man die Finger etwas anfeuchtet und die Kapsel von beiden Seiten mit leichter Drehbewegung auseinanderzieht. Ich lasse das Granulat in eine kleine verschließbare Dose fallen, die ich auch nutze, um einen Granulat-Vorrat mitzunehmen, wenn ich unterwegs bin.

Empfehlungen für die Einnahme von Kreon, Pankreatan, Panzytrat, Pangrol …
Wichtig ist, dass Sie für eine ordentliche Vermischung des Medikaments mit der Nahrung sorgen. Keine gute Idee ist es, das Granulat einfach über das Essen zu streuen. Denn wenn Sie das Mittel zerbeißen und darauf herumkauen, werden die Enzyme vorzeitig im Mund freigegeben und greifen die Mundschleimhaut an. Vor allem Träger einer Zahnprothese beachten bitte, dass kein Granulat zwischen Zahnfleisch und Prothese gelangt. Zudem würde das Zerkauen der Minipellets die Wirksamkeit des Medikaments verringern, wie es in dem Beipackzettel heißt. Und es schmeckt gar nicht gut, mich erinnert es an Erbrochenes.
Ich nehme die Verdauungsenzyme auf diese Weise zu mir:
- Ich starte mit zwei Bissen der Mahlzeit und kaue wie immer gründlich.
- Dann befeuchte ich meinen Zeigefinger und tippe damit in die Pellets. Ein paar Pellets bleiben am Finger haften und ich kann diese in den Mund führen. Idealerweise habe ich vom letzten Bissen etwas flüssigen Nahrungsrest im Mund behalten und kann die Pellets damit runterschlucken.
- Fällt das Schlucken der Kügelchen schwer und kleben diese am Gaumen, so habe ich zu wenig Feuchtigkeit im Mund. In diesem Fall nehme ich einen kleinen Schluck oder ein feuchtes Lebensmittel hinzu. Meist achte ich darauf, vom eingespeichelten Bissen etwas im Mund zurückzubehalten.
- Nun esse ich wieder ein paar Happen und nehme im Anschluss erneut vom Granulat. Das wiederhole ich, bis die Mahlzeit beendet ist. Auf diese Weise sorge ich für eine gute Vermischung der Enzyme mit der Nahrung.
- Zuletzt achte ich darauf, dass keine Pellets in der Speiseröhre zurückbleiben, denn dort gibt es ebenfalls Schleimhäute, die verätzt werden können. Das heißt, ich nehme zum Schluss noch drei Bissen zu mir, ohne Enzyme hinterherzuschicken.
Zuhause lässt sich diese Vorgehensweise prima bewerkstelligen, hier bin ich aufmerksam und konzentriert. Bin ich in Gesellschaft, bei einer Familienfeier oder bei Freunden, so habe ich mittlerweile genug Routine, um automatisiert das Prozedere durchzuziehen. Wenn mein ›Essensritual‹ den anderen nicht bekannt ist, so erwähne ich kurz, dass ich auf diese Weise ein Medikament zu mir nehmen muss. Ich stehe dazu und mir ist es nicht peinlich.

Welche Dosierung ist optimal, damit man ohne Magen besser verdaut?
Zur Bestimmung der Dosis ist vor allem die Fettverdauung zu beachten. Die Lipase ist ein Fett-Verdauungsenzym, das in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet wird. Bei einem gesunden Menschen werden etwa 900.000 Lipase-Einheiten pro Tag produziert. Das entspricht ca. 36 Kapseln eines Pankreas-Medikaments mit 25.000 Lipase-Einheiten (LE). Wenn in einer Packung 100 Kapseln enthalten sind, so wäre diese in knapp drei Tagen aufgebraucht.
Deshalb mein Tipp: Nehmen Sie das Mittel mit der höchstmöglichen Lipase-Einheit (LE) je Kapsel. Das sind zumeist 40.000 LE und ergibt rein rechnerisch 22 Kapseln je Tag. Dann wäre die Packung in 4 bis 5 Tagen verbraucht. Da Sie jedoch fettreduziert essen sollten, vor allem in den ersten Monaten nach der OP, können Sie die Enzyme in geringerer Dosis bei den Mahlzeiten zu sich nehmen. So hält bei mir eine Packung mit 100 Kapseln etwa ein bis zwei Wochen.
Zum Thema ›Besser fettarm essen!‹ gibt es einen separaten Artikel, in dem ich unter anderem erkläre, dass die Gallenflüssigkeit nach der OP nicht mehr im normalen Umfang verfügbar ist. Deshalb empfiehlt sich eine fettreduzierte Ernährung.
Wie sieht die Dosierung des Medikaments konkret aus? Beispiel: Eine Handvoll Nüsse. Darin sind ca. 20g Fett enthalten. Nehmen Sie nun die Zahl 20 und verdoppeln Sie diese. Ergebnis ist 40. Dann drei Nullen anhängen und Sie haben 40.000 Lipase-Einheiten (LE). So einfach ist die LE-Rechnung: Fettmenge verdoppeln plus drei Nullen. Zu den Nüssen nehmen Sie also den Inhalt einer Kapsel mit 40.000 LE. Hier ein Negativ-Beispiel, denn diese Speise empfehle ich keinesfalls, da zu fettreich: Currywurst mit Pommes. Darin sind etwa 80g Fett enthalten. Sie erinnern sich, wie gerechnet wird? Das ergibt 160.000 LE. Damit müssten Sie zu dieser einen ungesunden Mahlzeit bereits 4 Kapseln mit 40.000 LE zu sich nehmen! Übersehen Sie Getränke nicht: Ein Latte macchiato hat durch die Milch 5g Fett. Das sind 10.000 LE. Ein paar Kügelchen des Medikaments sollten Sie hier berücksichtigen.
Lesen Sie also bei den Lebensmitteln auf der Verpackung den Fettgehalt ab. Aber machen Sie keine Wissenschaft daraus. Am Anfang ist es etwas ungewohnt. Doch bald werden Sie ein Gespür für die Dosierung entwickeln. Wenn Sie nicht sicher sind, runden Sie lieber auf. Ungenutzte Enzyme scheidet der Körper problemlos aus.
Mehrere Monate später konnte ich die Dosis reduzieren. Dies liegt wohl daran, dass ich nach meiner Magenentfernung die Ernährung immer weiter optimiert habe. Zudem besitze ich noch meine Bauchspeicheldrüse. Selbst wenn durch die chirurgischen Veränderungen am Darm meine Pankreasenzyme nicht mehr so gut zur Wirkung kommen, einen wichtigen Einfluss haben sie dennoch. Siehe hierzu meinen Artikel: Das Fett-Appetithäppchen und andere Tricks…

Nicht nur Fettverdauung! Wie verdaut man ohne Magen die Kohlenhydrate und Eiweiße?
Wie sieht es mit Kohlenhydraten und Eiweißen aus? Neben der Lipase produziert die Bauchspeicheldrüse das Enzym Amylase für die Verdauung der Kohlenhydrate und das Trypsin für die Zerlegung der Eiweiße. Hier ebenfalls mit Amylase- und Protease-Einheiten zu rechnen, das würde zu weit führen. Sie kämen vor lauter Rechnerei nicht mehr zum Essen.
Es genügt, wenn Sie dies beachten: Selbst bei einer Speise mit wenig Fett schlucken Sie dazu ein paar Kügelchen von den Pankreasenzymen. Oder allgemein: Nehmen Sie auch zu jeder fettreduzierten Mahlzeit von dem Mittel. Eine entsprechend niedrigere Dosierung ist dann möglich. Doch hier gilt ebenfalls: Lieber etwas zu viel einnehmen, als zu wenig.

Was gibt es Weiteres zu sagen …
Nachtrag, zwei Jahre nach der OP: Ich nehme nur noch zum ersten Bissen einer Mahlzeit etwas von dem Medikament. Sozusagen als ›Starter-Enzyme‹. Für mich funktioniert das mittlerweile gut, da ich mich an alle hier beschriebenen Essensregeln halte. Und sollte es einmal nicht so rund laufen, dann kehre ich wieder zu einer etwas höheren Dosis zurück.
Ein kleiner Hinweis für Privat-Patienten, beziehungsweise Selbstzahler: Die Pankreas-Medikamente sind recht teuer. Doch Ihre höhere Lebensqualität sollte Ihnen diese Investition wert sein.
Also: Ohne Magen verdaut man einfach nicht mehr so gut. Doch die unzureichende Verdauung bekommen Sie mit Pankreasenzymen einigermaßen in den Griff. Damit optimieren Sie die Kalorienverwertung und die Bakterien im Darm erhalten weniger Futter, was Blähungen reduziert. Doch die Verdauung wird nicht mehr so gut sein wie bei einem Menschen, der noch seinen Magen hat. Aber Sie kommen recht nahe an einen optimalen Zustand heran, wenn Sie zusätzlich auf eine angepasste Ernährung achten.
Viele weitere Hinweise finden Sie in den anderen Artikeln. Alles zusammen wird Sie aus der Mangelernährung führen, so dass Sie wieder fit werden und das Thema Magenkrebs nicht mehr im Mittelpunkt steht.